DAISUKE  OGURA

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Text der Katalog „Bau und Kunst”

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BAU UND KUNST

Seit einigen Jahren beschäftigt sich Daisuke Ogura in seinen Installationen mit dem Thema „Kunst

und Bau“ und bewegt sich damit an der Schnittstelle von Kunst und Architektur. In seinen Werken

beleuchtet er die gemeinsamen Ebenen, auf denen sich der Architekt und der Bildhauer immer wieder

begegnen: Beide bauen – schaffen – prägen – kreieren. Beide lassen sich von Ideen, Konzepten und

Ansichten leiten, die im fertigen Werk ihren Ausdruck erhalten und für beide spielen Faktoren wie

Stabilität und Gleichgewicht, Tragen und Lasten, Raum und Volumen, Linie und Licht eine wesentliche

Rolle.

So ist der gebaute Raum für Daisuke Ogura eine wesentliche Inspirationsquelle geworden.

Architektonische Grundformen und gebaute Fragmente durchziehen seine reduzierten Installationen

und Wandarbeiten. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass Daisuke Ogura ganz bestimmte Elemente

zitiert wie Türen, Fensterrahmen oder aber auch Bauzäune. Es sind Versatzstücke, die im alltäglichen

Leben die Grenze zwischen Innen- und Außenraum markieren, zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem

und privatem und öffentlichem Bereich. Doch diese Grenze wird von Daisuke Ogura immer wieder

aufgebrochen: Ein Türspalt ist geöffnet, Fensterscheiben sind zerschlagen, eine Zeitung steckt im

Türschlitz. Es ist jeweils ein Fingerzeig des Künstlers darauf, dass sich die beiden Bereiche – die innere

und äußere Welt – ständig durchdringen und gegenseitig bedingen. Die private Sphäre jedes Einzelnen

wird von äußeren Einflüssen auf einer existenziellen und psychologischen Ebene mitbestimmt und

vice versa.

Das Thema der Durchdringung vertieft Daisuke Ogura, indem er sich von zwei künstlerischen

Bewegungen stilistisch inspirieren lässt: vom Abstrakten Expressionismus der 40er und 50er Jahre

und dem Minimalismus der60er Jahre. Die offenen und ungeordneten Drahtbündel, die immer wiederin

seinen Installationen und Skulpturen zu finden sind, zitieren allen voran Jackson Pollock, während die

präzis-geometrischen Konstruktionen auf Künstler wie Donald Judd verweisen. Damit greift

Daisuke Ogura auf zwei Positionen zurück, die konträrer nicht sein könnten. Beim Abstrakten

Expressionismus ist die gestische Malerei Thema ihrer selbst: Völlig befreit von äußeren Bezügen

oder Normen hinterlässt der Maler seine Spuren auf der Leinwand. Der Farbauftrag wird zum

künstlerischen Akt der Selbstentäußerung und die Leinwand zum Handlungsfreiraum. Freiheit,

Subjektivität, Intuition und Spontanität sind einige Schlagwörter, die man mit dem Abstrakten

Expressionismus in Verbindung bringt. Demgegenüber steht der Minimalismus mit seiner kühlen

Schlichtheit wie man sie von Sol LeWitt. Carl Andre oder dem besagten Donald Judd kennt. Ihre

geometrischen Arbeiten stehen für Kalkül, Präzision, Ordnung, Objektivität und Einheitlichkeit. Daisuke

Ogura bezieht sich in seinem Werk ganz bewusst auf diese beiden künstlerischen Haltungen, weil sie

trotz ihrer Gegensätzlichkeit zwei Teile eines Ganzen sind. Man könnte sagen, dass der Abstrakte

Expressionismus auf der einen Seite und der Minimalismus auf der anderen Seite als Sinnbild für die

Polarität stehen, die aller Existenz eingeschrieben ist und mit der sich auch der Mensch tagtäglich

konfrontiert sieht: So steht etwa die Individualität des Einzelnen dem Kollektivanspruch einer

Massengesellschaft gegenüber; Verstand und Vernunft ringen mit Gefühlen und Emotionen; und was

wäre der Mensch ohne Rationalität auf der einen Seite und Imagination und Intuition auf der anderen?

Mit seinen Arbeiten will der Künstler Fragen nach dem Wesen der Dinge aufwerfen ... was die

Kunst natürlich miteinschließt. Was ist es, was die Kunst in ihrer Quintessenz bedingt? Für Daisuke

Ogura führt diese Frage auf den Menschen selbst zurück: Als denkendes und reflektierendes Wesen

existiert der Mensch in der Welt und durch sein aktives Handeln wirkt er auf diese ein, formt und

gestaltet sie. Diese beiden menschlichen Eigenschaften – Denken und Handeln – will Daisuke Ogura

im künstlerischen Schaffensprozess eingeschrieben wissen: Anders als die konzeptuellen Künstler, für

die das gedankliche Konstrukt bereits das endgültige Werk sein kann oder die, die Ausarbeitung

spezialisierten Handwerkern überlassen, besteht Daisuke Ogura darauf, dass der Weg von der reinen

Idee zum materialisierten Werk ein ganzheitlicher Prozess ist und dass dieser Prozess in der „and”

des Künstlers liegen müsse. Genau dieses In-Die-Welt-setzen durch handwerkliche Formung ist ein

wesentlicher Charakterzug von Daisuke Oguras‘ Arbeiten, die damit auch gleichzeitig sein Streben nach

Nachhaltigkeit, Qualität und geistiger Durchdringung zum Ausdruck bringen.

Marion von Schabrowsky

Kunsthistorikerin

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